Wenn Langeweile krank macht
Mario Wilke beleuchtet das Phänomen Boreout genauer und zeigt auf, was dahintersteckt und wie Betroffenen der Ausweg gelingt.
Während der bezahlten Arbeitszeit den nächsten Urlaub buchen, lustigen Katzencontent auf YouTube anschauen, neue Klamotten shoppen oder Zeitunglesen – das klingt für viele fast wie der perfekte Arbeitsplatz. Wer jedoch selbst von andauernder Unterforderung und Langweile, insbesondere am Arbeitsplatz, betroffen ist, für den bestehe ein großes Risiko für einen Boreout. „Wenn die Arbeit für den Tag schon nach zwei Stunden erledigt ist und man die restlichen Stunden bis Feierabend irgendwie rumkriegen muss, dann kann das tatsächlich krank machen“, ergänzt Mario Wilke. Selbstverständlich trete ein Boreout nicht direkt auf, wenn es in Arbeit gerade ruhiger ist, doch wird das zum Dauerzustand, sprich herrschen Langeweile und Unterforderung über mehrere Wochen, Monate oder gar Jahre an, kommt es häufig zu Boreout-Symptomen wie beispielsweise Stress und Müdigkeit. „Eigentlich sind das Gemütszustände, die eher auf ein Burnout hinweisen. Doch nicht nur übermäßiger Stress kann krank machen, sondern auch das Gegenteil: Langweile und Unterforderung“, erläutert Mario Wilke.
Ein Boreout entstehe häufig, wenn Menschen keinen Sinn in ihrer Arbeit sehen, nicht ausgelastet sind oder nicht gefordert werden. Auch Langweile und Unterforderung führen zu Stress im Körper. Mario Wilke führt an, wie sich dieser äußert: „Boreout-Betroffene leiden zum Beispiel an Interessenverlust, Schlafstörungen, häufigen Erkrankungen oder sogar Panikattiken. Nicht selten ziehen sie sich auch komplett von ihrem sozialen Umfeld zurück.“ Hinzu komme, dass für Betroffene der Vergleich mit scheinbar voll ausgelasteten Kolleginnen und Kollegen belastend wirkt und sie gerade bei einem beginnenden Boreout versuchen, ihren Zustand zu vertuschen. „Es wird versucht, sich die Arbeit so einzuteilen, dass es zumindest jeden Tag etwas zu tun gibt und sogar Überstunden werden gemacht, um zu zeigen, dass man einen großen Beitrag leistet“, präzisiert Mario Wilke.
Ähnlich wie bei einem Burnout falle es auch Menschen, die unter einem Boreout leiden, schwer zuhause runterzukommen. Der permanente Stress und eine Spirale aus Negativgedanken sorgen dafür, dass die Betroffenen keine Energie mehr haben, um ihre freie Zeit zu gestalten und das Immunsystem geschwächt wird. Insbesondere nahestehende Personen sollten jetzt aufmerksam sein, wie auch Mario Wilke betont: „Natürlich leidet nicht jeder Kollege, Bekannte oder Freund automatisch unter einem Boreout, wenn er einmal über Langweile oder seinen Job klagt, dennoch sollten wir gerade bei uns nahestehenden Personen darauf achten, wie lange dieser Zustand anhält und ob sie über andere Symptome klagen, dann nämlich droht der Boreout.“
Menschen, die an Boreout leiden, wollen sich dies größtenteils für lange Zeit nicht eingestehen. In einer Zeit, in der viele im Homeoffice arbeiten, sei es auch einfach, den Boreout hinauszuzögern und sich mit anderen Tätigkeiten abzulenken, schließlich können Chefs oder Kollegen nicht sehen, ob man tatsächlich arbeite. Auch Scham und Angst spielen eine große Rolle, wenn es um einen Boreout geht. „Nicht jeder hat Verständnis dafür, wie sich ein Mensch über Langweile beklagen kann. Gerade, wenn das Umfeld einen anspruchsvollen Job hat und darüber hinaus vielleicht noch Familie und ein reges Freizeitleben, wird oft nicht verstanden, wie schlimm ein Boreout sein kann“, so Mario Wilke. Dabei sei es wichtig die Symptome ernst zu nehmen. Grundsätzlich haben Menschen das Bedürfnis gebraucht zu werden, wirksam zu sein und sie wollen einen Sinn in dem sehen, was sie tun. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt, schadet das Geist und Körper. „Wer an Boreout leidet, zweifelt an sich und seiner Kompetenz, ist demotiviert, weil er mit seiner Arbeit keinen wirklichen Beitrag leisten kann und gerät in eine Abwärtsspirale“, vertieft Wilke den Gedanken.
Auch wenn es nicht leicht sei, so ist es für Menschen mit Boreout-Syndrom wichtig, die eigene Jobsituation zu verändern. Nur dann könne der Kreislauf durchbrochen werden. Abschließend rät Mario Wilke sich einen Coach zur Hilfe zu nehmen, mit dem der aktuelle Zustand reflektiert werden könne und der den Ausweg aus dem Boreout begleitet.