Long Covid – Erschöpfung, Konzentrationsprobleme und weitere Folgen
Nach wie vor ist für viele eine Corona-Infektion gleichzusetzen mit einer harmlosen Erkältung. Doch auch wer nur einen leichten Verlauf der Krankheit hat, kann bisweilen langfristig mit erheblichen Problemen zu kämpfen haben. Untersuchungen und Studien zeigen, dass Erkrankte schwerwiegenden Spätfolgen wie beispielsweise dauerhafte Erschöpfung, Konzentrationsprobleme oder sogar Hirn-, Herz- und Lungenschäden vorweisen. Auch jüngere Menschen ohne Vorerkrankung könnten unter Long Covid oder dem Post-Covid-Syndrom leiden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt als Spätfolgen von Corona unter anderem Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Herzrasen oder Konzentrationsprobleme. Die Mediziner warnen davor, die Langzeitfolgen auf die leichte Schulter zu nehmen. Nach einer BMJ-Studie leiden 14% der an Covid erkrankten Menschen an mindestens einer weiteren Folge, die nach der akuten Krankheitsphase medizinisch versorgt werden musste.[1]
Was sind Long Covid und das Post Covid-Syndrom?
Schauen wir noch einmal genauer, was mit dem Begriff Long Covid eigentlich gemeint ist. Er fasst stellvertretend eine Vielzahl von Symptomen zusammen, die noch lange nach der eigentlichen Corona-Infektion andauern. In der Forschung wird noch einmal mehr differenziert, da das allgemeine Bild, das die Gesellschaft von Long Covid hat, zu ungenau ist. Dort spricht man von Long Covid, wenn bis zu zwölf Wochen nach der Corona-Infektion noch Symptome bestehen. Alles nach drei Monaten benennt die WHO als Post-Covid-Syndrom. Die davon Betroffenen haben teilweise so starke Beschwerden, dass sie nicht mehr in ihren Alltag zurückkehren und wie gewohnt ihrer Arbeit nachgehen können. Grundsätzlich gilt allerdings zu sagen, dass die tatsächlichen Langzeitfolgen noch nicht ausreichend erforscht sind, da Corona dafür noch zu kurz existiert. Die möglichen Langzeitfolgen sind vielfältig und es gibt kein einheitliches Krankheitsbild. Manche Menschen klagen über Herz-, Lungen- oder Darmprobleme, andere über Schlaf- und Konzentrationsstörungen und bei wiederum anderen kommt es im Zusammenhang mit Long Covid auch zu Depressionen. Auch berichten einige davon, sich allgemein krank zu fühlen, ohne konkrete Symptome zu haben.
Wen treffen die Spätfolgen besonders?
Grundsätzlich können alle an Covid erkrankten Personen von Langzeitfolgen betroffen sein. Dennoch ist es so, dass die Menschen, die aufgrund der Erkrankung auf der Intensivstation lagen, in den meisten Fällen länger brauchen, um sich zu erholen. Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt Immunologie am Klinikum Schwabing in München, beobachtete, dass mehr als 80% der Schwererkrankten auch nach drei Monaten noch mit Problemen zu kämpfen haben. Dem Bayerischen Rundfunk sagte er diesbezüglich: „Sie können sich weniger stark belasten, haben Konzentrationsschwächen und auch so etwas wie ein ‚Foggy Brain‘. Das heißt, man kann Dinge nicht so wahrnehmen, wie man sich das wünscht.“ Wie bei vielen anderen Krankheiten spielt natürlich auch die körperliche Verfassung eine Rolle. Ein hohes Alter, Übergewicht oder Vorerkrankungen können ebenfalls Risikofaktoren darstellen, die zu Long Covid führen. Jedoch schließen ein milder Verlauf und eine gute körperliche Konstitution nicht aus, dass Folgeerscheinungen auftreten.
Welche Symptome treten häufig bei Long Covid auf?
Wie bereits beschrieben, sind die Symptome sehr vielfältig und treffen unter anderem die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System, den Muskelapparat, das Nervensystem, die Psyche und den Stoffwechsel. Die häufigsten Symptome, sind laut einer Studie[2] folgende:
- Starke Erschöpfung (58%)
- Kopfschmerzen (44%)
- Konzentrationsstörungen (27%)
- Haarverlust (25%)
- Atemnot (24%)
- Geruchsverlust (21%)
- Geschmacksverlust (23%)
Häufig treten diese Symptome allerdings nicht allein, sondern in einer Kombination auf, die von Mensch zu Mensch sehr individuell ist. Manche davon lassen sich messen, andere wiederrum sind nur schwer feststellbar oder werden mitunter auch gar nicht mit der Covid-Erkrankung in Verbindung gebracht.
Langzeitfolgen nach der Corona-Infektion
Eine weitverbreitete Folge, über die immer mehr Menschen klagen, ist, dass sie sich nach der Corona-Erkrankung dauerhaft müde und erschöpft fühlen. Mediziner sprechen hier von „Fatigue“ oder auch dem „Chroinc Fatigue-Syndrom“, welches eine starke und krankhafte Erschöpfung beschreibt, die weit über normale Müdigkeit hinausgeht. Bislang wurden diese Folgen noch wenig erforscht – es handelt sich beim Erschöpfungssyndrom aber aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Multisystemerkrankung, die das Nerven-, Immunsystem und den Energiestoffwechsel betrifft. Zu einer weiteren Spätfolge zählen eine verminderte Aufmerksamkeitsspanne, Konzentrationsschwäche und Gedächtnisverlust. Eine aktuelle Studie der Universität Oxford[3] zeigt, dass dies oftmals Menschen mit milden Verläufen und ohne andere Symptome betrifft. In anderen kognitiven Bereichen wie beispielsweise der Planung wiesen die Studienteilnehmenden keine Probleme auf. Und auch die anderen Folgen waren laut der Studie nach neun Monaten wieder in einem normalen Bereich. Neben körperlichen Folgen sind auch psychische Probleme eine Langzeitfolge von Corona. Das Fachmagazin „Lancet Psychatry“ veröffentlichte hierzu eine Studie[4], die zeigt, dass knapp ein Drittel der Corona-Patienten im UK psychische Auffälligkeiten wie Psychosen, demenzähnliche oder depressive Störungen aufwiesen. Ob es sich dabei um kurzzeitliche Erscheinungen oder andauernde Schäden handelt, ist noch nicht klar. Wichtig ist jedoch, dass sich Menschen, egal von welchen Symptomen sie betroffen sind, Hilfe suchen.
Hilfe für Menschen mit Long Covid
Die Erfahrungen und Prognosen zeigen, dass die meisten Erkrankten wieder vollkommen gesund werden. Es werden auch immer mehr Anlaufstellen eingerichtet, an die sich betroffene Personen wenden können. Die Medizinische Hochschule Hannover und das Universitätsklinikum Jena bieten beispielsweise Post-Covid-Ambulanzen an. In jedem Fall gilt es, auf den Körper und die Seele zu achten, insbesondere in der ersten Zeit nach der Corona-Erkrankung.
Sollten Sie bei sich selbst Symptome für Long Covid feststellen, dann hilft es, diese aufzuschreiben und sich in ärztliche Betreuung zu begeben. Auch sollten Sie beim Auftreten von ersten Symptomen Stresssituationen vermeiden und darauf achten, wann Ihr Körper Ruhe braucht. Dafür kann es hilfreich sein, sich den Alltag erstmal neu zu strukturieren und die Prioritäten richtig zu setzen. Gerne bin ich in diesem Prozess an Ihrer Seite, damit Sie gut durch diese herausfordernde Zeit gehen können.
[1]https://www.bmj.com/content/373/bmj.n1098
[2]https://www.nature.com/articles/s41598-021-95565-8
[3]https://academic.oup.com/braincomms/article/4/1/fcab295/6511053
[4]https://academic.oup.com/braincomms/article/4/1/fcab295/6511053